Was spricht gegen Inzucht?

 

Inzucht vermindert die Heterozygotie und erhöht die Homozygotie. Dies hat im wesentlichen zwei Dinge zur Folge: es verstärkt und festigt Merkmale. Erwünschte - aber möglicherweise auch Unerwünschte. Und es kommt zu einem vermehrten auftreten von Homozygotien rezessiver Gene, die reinerbig genetische Defekte verursachen!

Inzucht erhöht das Sichtbarwerden unerwünschter Erbkrankheiten (Beispiele: Spinale Muskelatrophie, Kieferanomalien, Kropf etc.)

 

Aber nicht alle rezessiven Gene führen in homozygoter Form zu Krankheit und Tod des Tieres - viele mindern ganz einfach "nur" die Produktions- bzw. Reproduktionsleistung (Fruchtbarkeit, Fitness etc.)!

 

Eine Leistungsminderung aufgrund von Inzucht wird als Inzuchtdepression bezeichnet. Davon sind vor allem Fruchtbarkeits und Vitalitätsmerkmale betroffen, die für die Erhaltung einer Art naturgemäß eine zentrale Rolle spielen. Inzucht erhöht damit das Risiko des Aussterbens einer Rasse!

Diese Inzuchtdepression wird üblicherweise je Prozent Inzuchtsteigerung angegeben. 

 

Ein Vergleich aus der Nutztierzucht:

Je Prozent Inzuchtsteigerung bedeutet beim Rind bis zu 30 kg Milch und 1 kg Fett weniger! Andere Untersuchungen bezeugen den direkten Zusammenhang von Vliesgewicht und Körpergewicht beim Schaf und der Inzuchtsteigerung oder auch auf Wurfgröße und Körpergewicht vom Schwein wirkt sie sich direkt aus! Auswirkungen auf den Intelligenzquotienten beim Menschen wurden ebenfalls nachgewiesen.

 

 

Hierzu ein sehr interessanter Querverweis: Eine Forschergruppe um den Genetiker Gonzalo Alvarez von der Universität Santiago de Compostela in Spanien hat die Inzucht der spanischen Habsburger-Linie untersucht. Dem Ergebnis nach ist es naheligend, dass eben die Inzucht für das Aussterben der spanischen Habsburger verantwortlich war! Dazu wurden die Daten von 3000 Verwandten erfasst und ausgewertet. Detail am Rande: Den höchsten Inzuchtgrad wies mit 25,4% (!) Karl II auf.

(Ein ausführlicher Bericht der spanischen Studie als PDF)

 

Probleme in kleinen Populationen

 

Dies zeigt auch, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Populationsgröße und Inzuchtsteigerung besteht: Je kleiner die Population umso größer der Druck und umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Inzucht kommt. Es ist kein Brechen der Inzucht möglich, wenn keine unverwandten Paarungspartner vorhanden sind. Man muss die Verwandtschaft aber auch erkennen können! "Händisch" ist dies kaum möglich. Siehe dazu das Beispiel des Knabstrupper Pferdes Niro af Thorsager und einer Lipizzanerstute. 

 

Dabei kommt es auf die Inzuchtsteigerung der gesamten Population an - nicht so sehr auf die des Einzeltieres! Und spätestens hier ist die Software ChromoSoft® nötig, damit nicht nur garantiert korrekt gerechnet sondern auch der Überblick behalten werden kann Problematisch wird eine Steigerung > 1% pro Generation. Eine gezielte Paarung ist die Voraussetzung für das Überleben!